Zunehmend treten Probleme bei Deckungsanfragen für eine anwaltliche Vertretung in der privaten Unfallversicherung und der Berufsunfähigkeitsversicherung auf. Hintergrund sind aktuelle Versicherungsbedingungen der Rechtsschutzversicherer, die auf eine versicherungsnehmerfreundliche Rechtsprechung reagiert haben.
Neue Klauseln in den ARB 2020 / ARB 2021
In den Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) lässt sich ab ARB 2020 regelmäßig eine solche oder ähnliche Klausel finden:
„3. Was ist nicht versichert?
3.1 Zeitliche Ausschlüsse
In folgenden Fällen haben Sie keinen Versicherungsschutz:
[…]
3.1.2 Der Versicherungsfall liegt zwar nach Beginn des Versicherungsschutzes. Diesem ging jedoch voraus, dass Sie vor Versicherungsbeginn
• Einen Antrag bei einer Behörde gestellt haben (Beispiel: Bestimmung des Grades einer Behinderung, Unfallanzeige bei einer Berufsgenossenschaft, Wiedererteilung der Fahrerlaubnis).
• Einen Antrag auf Leistung aus einem anderen Versicherungsvertrag gestellt haben (Beispiel: Anspruch auf BerufsunfähigkeitsRente oder Unfall-Invaliditätsleistung)“
(Quelle: Gesamtverband der Versicherer (GDV))
Was bedeutet die Änderung der ARB im Versicherungsrecht?
Die Rechtsprechung stellte im sogenannten Vertragsrechtsschutz darauf ab, wann der Gegner die vertraglich vereinbarte Leistung verweigerte. In der Berufsunfähigkeitsversicherung, Unfallversicherung, Krankenversicherung und anderen Versicherungen kam es also grundsätzlich auf das Datum der Ablehnung an.
Selbst wenn der Antrag (beispielswese auf die Berufsunfähigkeitsrente) vor Versicherungsbeginn der Rechtsschutzversicherung lag, konnte Deckung für den späteren Streit mit dem Berufsunfähigkeitsversicherer bestehen, sofern die Ablehnung im versicherten Zeitraum erfolgte.
Auf diese Rechtsprechung haben Rechtsschutzversicherer reagiert und die Versicherungsbedingungen angepasst. Wer also bereits einen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente gestellt hat oder die Invaliditätsleistung aus einer Unfallversicherung beansprucht hat, soll keine Deckung haben, wenn die Rechtsschutzversicherung nach diesem Antrag abgeschlossen wurde.
Ist die Klausel in den ARB 2020 / 2021 wirksam?
Fraglich ist, ob diese Klausel wirksam ist. Die Rechtsschutzversicherer versuchen mit immer wieder neuen Klauseln den Versicherungsfall zeitlich einzuschränken. Überraschende und mehrdeutige Klauseln (§ 305c BGB) wurden von der Rechtsprechung mehrfach als unwirksam angesehen.
Auch wenn der Wortlaut er Klausel klar erscheint, könne man die Regelung durchaus als überraschend ansehen. Wer eine Rechtsschutzversicherung abschließt, darf damit rechnen, dass Rechtsverletzungen eines Vertragspartners im versicherten Zeitraum auch versichert sind. Die „Hintertür“ in den ARB 2020 / 2021 wirken vor diesem Hintergrund durchaus überraschend.
Die Klausel kann auch mehrdeutig sein. Ist „Antrag“ die Übersendung des Antragsformulars oder bereits die Meldung des Versicherungsfalles?
Es ist davon auszugehen, dass es zu dieser Klausel in nächster Zeit Rechtsprechung geben wird.
Vorsicht bei Wechsel der Rechtsschutzversicherung!
Besondere Vorsicht sollte beim Wechsel einer Rechtsschutzversicherung oder dem Neuabschluss bestehen. Wer bereits einen Antrag in einer Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt oder eine Invaliditätsleistung in der Unfallversicherung gestellt hat, sollte einen Wechsel des Rechtsschutzversicherers gründlich prüfen. Es können teure Versicherungslücken bestehen.
Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung enthalten regelmäßig eine Klausel für den Versichererwechsel. In Ziffer 6.2.6. der ARB 2021 heißt es dazu:
„Damit Sie bei einem Versichererwechsel möglichst keine Nachteile haben, haben Sie uns gegenüber Anspruch auf Versicherungsschutz in folgenden Fällen (dies gilt abweichend von den Regelungen unter 3.1.2 bis 3.1.4):
• Der Versicherungsfall ist in unserer Vertragslaufzeit eingetreten.
Der Versicherungsschutz gilt auch dann, wenn ein Fall von 3.1.2
vorliegt und Ihre Handlung nach 3.1.2 in die Zeit des Vorversicherers fällt.“
Dies bedeutet, dass wenn der oben beschriebene Fall eintritt, Sie aber nahtlos zu einem anderen Rechtsschutzversicherer wechseln, Deckung besteht. Sie müssen unbedingt darauf achten, dass zwischen Vertragsende der alten Rechtsschutzversicherung und dem Beginn der neuen Versicherung keine zeitliche Lücke (auch nicht 1 Tag!) besteht.
Haftungsrisiken für Makler!
Ein Versicherungsmakler, der zum Wechsel zu einer (vielleicht billigeren) Rechtsschutzversicherung rät, sollte die Rechtsverhältnisse des Versicherten abfragen und prüfen. Wird zu einer neuen Rechtsschutzversicherung gewechselt, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass keine zeitliche Lücke besteht. Tritt der hier geschilderte Fall ein einer Versicherungslücke ein und ist dies auf ein Versäumnis des Maklers zurückzuführen, dürfte sich der Makler haftbar gemacht haben.
Fazit
Die neue Klausel der Rechtsschutzversicherer soll erwartungsgemäß wieder einmal den Versicherungsschutz einschränken. Gerade im Versicherungsrecht können sich weitreichende Konsequenzen ergeben. Inwiefern die Klausel wirksam ist, wird die Zukunft zeigen.
Versicherte und Makler sollen bei Neuabschluss und Wechsel der Rechtsschutzversicherung große Vorsicht walten lassen, die Versicherungsbedingungen prüfen und zeitliche Lücken unbedingt vermeiden.
Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag lediglich eine allgemeine und vereinfachte Darstellung ist. Keinesfalls ersetzt die Beratung durch einen Rechtsanwalt für Ihren Einzelfall.
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