Ein häufiges Problem in der privaten Unfallversicherung hatte das Landgericht Krefeld (Urteil vom 21.07.2021, Az. 2 O 170/19) zu entscheiden. Ein Rechtsanwalt für die private Unfallversicherung ist immer wieder mit Invaliditätsbemessungen konfrontiert, in denen sich Gutachter der Versicherer an starren Tabellenwerken orientieren. Viele dieser Tabellenwerke sind von ärztlichen Gutachtern geschrieben, die überwiegend im Auftrag von Versicherungsunternehme und Sozialversicherungsträgern tätig sind. Es wundert also nicht, dass Invaliditätsbemessungen oft unbefriedigend gering ausfallen.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin erlitt einen Skiunfall und zog sich eine Sprunggelenkfraktur rechts nebst Tibiafraktur mit Kniegelenkbeteiligung links zu.

Die Beklagte beauftragte einen Gutachter, der beide Unfallfolgen mit 3/20 Beinwert bemaß. Die Klägerin erhielt daraufhin vom Unfallversicherer eine Leistung von 21.000,00 €.

Die Klägerin gab daraufhin ein Privatgutachten in Auftrag, welches Bewegungseinschränkungen, eine unfallbedingte Arthrose und dauerhafte Schmerze mitberücksichtigte. Der ärztliche Gutachter der Klägerin bemaß die Invalidität rechts mit 6/20 und links zu 4/40. Nach Abzug der geleisteten Zahlung ergaben sich weitere 35.000,56 €.

Der Unfallversicherer bestritt das Gutachten der Klägerin und verweigerte weitere Zahlungen, woraufhin Klage erhoben wurde. Das Gericht beauftragte einen Sachverständigen, der nach dem Standardtabellenwerk „Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane“ von Schiltenwolf, Hollo und Gaidzik“ die Invalidität ebenfalls mit 3/20 bemaß. Dem folgte das Gericht jedoch nicht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Krefeld sprach der Klägerin weitere 32.500,00 € zu.

Das Gericht wies darauf hin, dass in dem verwendeten Tabellenwerk die bei Funktionsausübungen (hier beim Gehen) zu erleidenden Schmerzen nur unzureichend berücksichtigt werden. Die bejahte letztlich auch der Sachverständige.

Die Klägerin litt nach dem Unfall unter einer massiven Beeinträchtigung ihrer Mobilität.

„Aufgrund der mit der Arthrose verbundenen Schmerzen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, längere Wegstrecken ohne Pause und schon gar nicht beschwerdefrei zurückzulegen. Jedes Aufstehen und Losgehen sowie jedes Treppensteigen bereiten Schmerzen, ebenso jedes Gehen, das länger als mehrere hundert Meter dauert.“

Hierin sah das Gericht eine ganz erhebliche Funktionsbeeinträchtigung. Dies ist in dem herangezogenen Tabellenwerk nur unzureichend abgebildet. Das Gericht stellte im Ergebnis unter Berücksichtigung der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung für das rechte Bein 24% und für das linke Bein 10,5% fest . Unter Berücksichtigung der vereinbarten Progression ergaben sich schließlich 53,5%, was einer gesamten Invaliditätsleistung von 53.500,00 € entspricht.

Anmerkung

Der hier geschilderte Fall entspricht einer typischen Konstellation in der privaten Unfallversicherung. Die Versicherer arbeiten meist mit denselben privaten Gutachtern zusammen, die sich starr an einige übliche Tabellenwerke halten. Die Invaliditätswerte in diesen Standardwerken fallen oftmals erstaunlich gering aus, wenn man die tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigungen betrachtet, unter denen verunfallte Menschen oft leiden.

Private Unfallversicherung zahlen dann häufig aufgrund dieser Gutachten relativ geringe Beträge. Versicherte sollten dieser Gutachten immer von einem Arzt ihres Vertrauens medizinisch und von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht juristisch prüfen lassen.

Ich biete Ihnen in der privaten Unfallversicherung immer eine kostenlose Ersteinschätzung und eine kostenlose Überprüfung Ihres Gutachtens an.

Private Unfallversicherung: Tabellenwerke bilden Funktionsbeeinträchtigungen nur unzureichend ab