Das Coronavirus (SARS CoV 2) beherrscht das öffentliche Leben und sorgt für Unsicherheiten. Auch im Bereich des Versicherungsrechts können Probleme im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung entstehen. In der Berufsunfähigkeitsversicherung können sich für Menschen, die an einem schweren Verlauf erkrankt waren oder unter Long Covid leiden, Probleme ergeben.

Auch bei Berufsunfähigkeit aufgrund einer Covid-19-Erkrankung gilt selbstverständlich das Versprechen einer kostenlosen Ersteinschätzung.

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Long Covid und Berufsunfähigkeit

Auch mehrere Monate nach einer Erkrankung an Covid-19 können Menschen an den Folgen der Virusinfektion leiden. Ärzte und Wissenschaftler sprechen hier von „Long Covid“ und dem Post-Covid-19-Syndrom. Die Folgen der SARS-COV-2-Infektion können vielfältig sein. Insbesondere nach einer Intensivbehandlung werden häufig organspezifische Langzeitfolgen beschrieben. Nach den aktuellen Leitlinien wird von „Long Covid“ gesprochen, wenn die Symptome mehr als vier Wochen nach Infektion oder Erkrankung anhalten. Daneben wird vom „Post-COVID-19-Syndrom gesprochen, wenn Symptome länger als 12 Wochen bestehen oder neue Symptome und Gesundheitsschäden auftreten, die anderweitig nicht erklärt werden können.

Covid Berufsunfähigkeit
Langzeitschäden einer Covid-19-Infektion, Stichwort: Long Covid und Post-Covid-Syndrom, können zu Berufsunfähigkeit führen. Alliance – stock.adobe.com

Wann liegt Long Covid vor?

Die Symptome von Long Covid sind vielfältig. Am häufigsten klagen Patienten unter Atemnot, Druckgefühl im Brustkorb und dem Fatigue-Syndrom, also einer chronischen Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung.

Von großer Bedeutung stellen sich auch psychische Erkrankungen aufgrund einer Covid-19-Erkrankung heraus. Nach einer Corona-Infektion traten bei zahlreichen Erkrankten Depressionen und Angststörungen auf.

Fatigue ist ein sehr häufiges Symptom im Rahmen von Post-/Long-COVID, welches in der Regel mit anderen Beschwerden in Kombination auftritt. Fatigue ist eine subjektiv oft stark einschränkende, zu den vorausgegangenen Anstrengungen unverhältnismäßige, sich durch Schlaf oder Erholung nicht ausreichend bessernde subjektive Erschöpfung auf somatischer, kognitiver und/oder psychischer Ebene.

Aus neurologischer Sicht sind die häufigsten neurologischen Beschwerden nach durchgemachter COVID-19-Infektion Fatigue, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kopf- und Muskelschmerzen, sowie anhaltende Geruchs- und Geschmacksstörungen.

Psychische Symptome werden überwiegend als Folge der Infektion mit COVID-19 und der damit assoziierten Belastungen und persistierenden Einschränkungen beschrieben. Es ist hinreichend belegt, dass psychische und psychosomatische Vorerkrankungen Vulnerabilitätsfaktoren für das Auftreten von psychischen Post-COVID-Symptomen darstellen.

Überlebende einer schweren COVID-Erkrankung erleiden drei Monate bis 4 Jahre nach der Erkrankung in zwischen 15 und 60 % der Fälle Hypocortisolämie, erhöhte Angst- und Depressionswerte, Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), einer somatoformen Schmerzstörung oder einer Zwangsstörung, meist gemessen mit validierten Fragenbögen bzw. Patient Reported Outcomes.

Umfassende Informationen finden Sie in der S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID.

Wann ist man wegen Long Covid berufsunfähig?

Betroffene Versicherungsnehmer fragen sich, ob nach einer Corona-Infektion die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen muss. Grundsätzlich können Sie wegen einer Covid-Erkrankung auch berufsunfähig werden. Die Berufsunfähigkeit ist in der Regel nicht auf bestimmte Krankheitsbilder beschränkt.

Ansonsten gelten auch hier die typischen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeitsversicherung:

  1. Krankheit oder Kräfteverfall
  2. „50%-Regel“
  3. voraussichtliche Dauerhaftigkeit
  4. keine Verweisungstätigkeit

Ausnahmen können sich ergeben, wenn im Versicherungsvertrag bestimmte Erkrankungen ausgeschlossen sind. Denkbar sind hier zum Beispiel Lungenerkrankungen aber auch psychische Erkrankungen.

Insbesondere wen Berufsunfähigkeit wegen Depression oder anderen psychischer Erkrankungen eintritt, wird mit größeren Problemen bei der Antragstellung zu rechnen sein. Die teilweise recht schwierige Nachweisbarkeit der die Berufsunfähigkeit auslösenden Symptome stellen oft eine große Herausforderung dar.

Probleme beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Pandemie wird vorübergehen. Wer am Coronavirus erkrankt war und künftig eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will, sollte die Gesundheitsfragen im Antragsformular im Auge behalten.

Keine Probleme bei ausgeheilter Infektion

Sofern eine Infektion am Coronavirus einen leichten Verlauf hatte und ausgeheilt ist, sollte es beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung keine Probleme geben.

Bei einem schweren Verlauf wird es darauf ankommen. Derzeit sind Anträge bei den Versicherern wohl zurückgestellt oder es muss mit Ablehnungen gerechnet werden. Dies wird sich möglicherweise ändern, wenn die Versicherer die medizinischen Folgen des Coronavirus besser einschätzen können.

Vorvertragliche Anzeigepflicht beachten!

Für die Zukunft sollte beim Abschluss einer Berufsunfähigkeit unbedingt darauf geachtet werden, eine Infektion mit dem Coronavirus beim Antrag auf die Berufsunfähigkeitsversicherung anzugeben.

Aus meiner Sicht als Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeitsversicherung scheint es recht unwahrscheinlich, dass Anträge generell abgelehnt werden. Je nachdem, wie die medizinischen Erkenntnisse noch ausfallen werden, wird vermutlich mit Risikoaufschlägen zu rechnen sein.

Verschweigen ist gefährlich

Vom Verschweigen einer Infektion mit dem Coronavirus ist aus anwaltlicher Sicht dringend abzuraten. Auch wenn die Infektion ausgeheilt ist, kann Ihnen der Vorwurf einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemacht werden.

Sofern Sie tatsächlich einmal berufsunfähig wären, würde der Versicherer Anfechtung oder Rücktritt erklären. Der Vertrag wäre damit beendet und Sie erhalten keine Leistungen. Selbst wenn die Infektion unproblematisch ausgeheilt ist, könnte Ihnen der Versicherer vorwerfen, Sie hätten beispielsweise arglistig getäuscht. Ein Fachanwalt kann Ihnen hier teilweise noch helfen, es ist aber zugegeben nicht ganz einfach.

Existenzversicherung

Vorsicht ist ebenfalls bei sogenannten Existenzversicherungen geboten. Diese Versicherungen unterscheiden sich in den Leistungsvoraussetzungen etwas von den Berufsunfähigkeitsversicherungen. Häufig finden sich in den Antragsformularen abgespeckte Gesundheitsfragen. Es wird allerdings oftmals abgefragt, wie lange jemand wegen ein und derselben Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt war. Ein „Vergessen“ einer langwierigen Infektion mit dem Coronavirus kann hier ebenfalls zu einer Anfechtung des Versicherungsvertrages bzw. zu Rücktritt oder Kündigung führen.

Führt Angst vor Corona zur Berufsunfähigkeit?

Einen interessanten Fall entschied das Landgericht Münster: Ein Versicherungsnehmer mit einer Lungenkrankheit gab seine berufliche Tätigkeit mit ausgeprägtem Kundenkontakt aufgrund der Angst vor einer Covid-19-Erkrankung auf. Im Klageverfahren konnte der Mann seine Ansprüche nicht durchsetzen.

Schaut man sich das Urteil genauer ein, schienen der Kläger oder sein Anwalt erhebliche Fehler begangen zu haben. Angststörungen können eine Krankheit darstellen. Sie sollten aber von einem Arzt diagnostiziert und müssen vor Gericht vorgetragen und bewiesen werden. Die zur Berufsunfähigkeit führende Erkrankung ist demnach nicht die Gefahr einer Covid-19-Erkrankung sondern eine Angststörung. Der Fall zeigt eindringlich, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung in erfahrene anwaltliche Hände gehört.

mehr zum Urteil „Angst vor Corona und Berufsunfähigkeit“

Anträge wurden zurückgestellt

Nach Angaben des Vergleichsportals CHECK24 stell(t)en Versicherer Anträge von Personen, die sich in einem Risikogebiet wie der chinesischen Provinz Hubei aufgehalten haben, vorerst zurück. CHECK24 berichtet von stichprobenartigen Befragungen von Versicherern. Alle befragten Gesellschaften würden Anträge zunächst zurückstellen. Man würde sich an die Vorgaben der Rückversicherer halten.

Aus anwaltlicher Sicht ist die Verfahrensweise der Versicherer zumindest nachzuvollziehen. Versicherer müssen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages eine Risikokalkulation vornehmen. Da derzeit langfristige Folgen einer Erkrankung am Coronavirus noch nicht prognostiziert werden können, lassen Versicherer diese Vorsicht walten. Insbesondere schwere Verläufe einer Corona-Infektion können nach derzeitigem Erkenntnisstand zu langfristigen Lungenschäden führen. Dies betrifft auch jüngere Menschen!

Ich bin kein Arzt, aber als Anwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht mit vielen Ärzten in Kontakt und bin es gewohnt, medizinische Studien auszuwerten. Die Pandemie aufgrund des Coronavirus ist sehr ernst. Die Warnungen der WHO und des Robert-Koch-Instituts sind keine Panikmache, sondern seriös und sollten von jedermann beachtet werden. Dies betrifft auch jüngere Menschen, die vielleicht nicht massiv am Leben bedroht sind, aber unter ernsten Folgen leiden können.

Berufsunfähig durch Coronavirus?

Es scheint nicht sehr wahrscheinlich, aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus berufsunfähig zu werden. Nachdem, was uns derzeit die Ärzte berichten, müssen die meisten Menschen nach Ausheilung einer Infektion nicht mit dauerhaften Einschränkungen rechnen. Inwiefern sich ausgeheilte schwere Verläufe entwickeln, scheint derzeit nur schwer prognostizierbar.

Trotzdem gibt es Fälle, in denen die Folgen einer COVID-Erkrankung mehr als sechs Monate anhalten. Ist ein längerer Verlauf der Erkrankung absehbar, sollte schnellstmöglich ein Antrag auf die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt werden (Nicht erst sechs Monate warten!). Sie sollten bei der Antragstellung keine Zeit verlieren. Stellen Sie den Antrag zu spät, können Sie nach einigen Versicherungsbedingungen Leistungen für die Vergangenheit verlieren.

Abschließende Tipps

Wir befinden uns alle in einer Ausnahmesituation, aber wir werden diese aufgrund unseres leistungsfähigen Gesundheitssystems sowie unserer engagierten Ärzte, Forscher und des medizinischen Personals überstehen.

Achten Sie aber bitte auf die Hinweise des Robert-Koch-Instituts oder auch der Johns-Hopkins University in Baltimore, USA.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Rechtsanwalt Stephan Schneider