Long COVID Berufsunfähigkeit

Long COVID und Post-COVID-Syndrom können zu Berufsunfähigkeit führen. Obwohl diese Folgeerkrankungen von Corona anerkannt sind, gibt es immer noch erhebliche Probleme bei der Durchsetzung einer BU-Rente.

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In der Berufsunfähigkeitsversicherung sind Long COVID und Post-COVID-Syndrom noch immer ein wichtiges Thema. Die BU-Versicherer sind trotz öffentlicher Ankündigungen nach wie vor zurückhaltend bei der Anerkennung einer BU-Rente wegen Long COVID und Post COVID. In der anwaltlichen Tätigkeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung stellt sich als Hauptgrund die schwierige Nachweisbarkeit einer Berufsunfähigkeit aufgrund dieser komplexen Erkrankungen dar. 

Inhalt: Long COVID und Berufsunfähigkeit

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Wann liegt Long COVID vor?

Auch mehrere Monate nach einer Erkrankung an Covid-19 können Menschen an den Folgen der Virusinfektion leiden. Ärzte und Wissenschaftler sprechen hier von „Long COVID“ und dem Post-Covid-19-Syndrom. Die Folgen der SARS-COV-2-Infektion können vielfältig sein. Insbesondere nach einer Intensivbehandlung werden häufig organspezifische Langzeitfolgen beschrieben. Nach den aktuellen Leitlinien wird von „Long COVID“ gesprochen, wenn die Symptome mehr als vier Wochen nach Infektion oder Erkrankung anhalten. Daneben wird vom „Post-COVID-19-Syndrom gesprochen, wenn Symptome länger als 12 Wochen bestehen oder neue Symptome und Gesundheitsschäden auftreten, die anderweitig nicht erklärt werden können.

Typische Symptome von Long COVID und Post COVID

Die Symptome von Long COVID sind vielfältig. Am häufigsten klagen Patienten unter Atemnot, Druckgefühl im Brustkorb und dem Fatigue-Syndrom, also einer chronischen Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung.

Von großer Bedeutung stellen sich auch psychische Erkrankungen aufgrund einer COVID-19-Erkrankung heraus. Nach einer Corona-Infektion traten bei zahlreichen Erkrankten Depressionen und Angststörungen auf.

Fatigue

Fatigue ist ein sehr häufiges Symptom im Rahmen von Post-/Long-COVID, welches in der Regel mit anderen Beschwerden in Kombination auftritt. Fatigue ist eine subjektiv oft stark einschränkende, zu den vorausgegangenen Anstrengungen unverhältnismäßige, sich durch Schlaf oder Erholung nicht ausreichend bessernde subjektive Erschöpfung auf somatischer, kognitiver und/oder psychischer Ebene. Die schwerwiegend Auswirkungen von Fatigue werden von Berufsunfähigkeitsversicherern immer wieder bestritten.

Neurologische und psychische Symptome

Aus neurologischer Sicht sind die häufigsten neurologischen Beschwerden nach durchgemachter COVID-19-Infektion Fatigue, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kopf- und Muskelschmerzen, sowie anhaltende Geruchs- und Geschmacksstörungen.

Psychische Symptome werden überwiegend als Folge der Infektion mit COVID-19 und der damit assoziierten Belastungen und persistierenden Einschränkungen beschrieben. Es ist hinreichend belegt, dass psychische und psychosomatische Vorerkrankungen Vulnerabilitätsfaktoren für das Auftreten von psychischen Post-COVID-Symptomen darstellen.

Überlebende einer schweren COVID-Erkrankung erleiden drei Monate bis 4 Jahre nach der Erkrankung in zwischen 15 und 60 % der Fälle Hypocortisolämie, erhöhte Angst- und Depressionswerte, Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), einer somatoformen Schmerzstörung oder einer Zwangsstörung, meist gemessen mit validierten Fragenbögen bzw. Patient Reported Outcomes.

Umfassende Informationen finden Sie in der S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID.

Wann ist man wegen Long Covid berufsunfähig?

Betroffene Versicherungsnehmer fragen sich, ob nach einer Corona-Infektion die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen muss. Grundsätzlich können Sie wegen einer COVID-Erkrankung auch berufsunfähig werden. Die Berufsunfähigkeit ist nicht auf bestimmte Krankheitsbilder beschränkt.

Ansonsten gelten auch hier die typischen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeitsversicherung:

          1. Krankheit oder Kräfteverfall
          2. „50%-Regel“
          3. voraussichtliche Dauerhaftigkeit
          4. keine Verweisungstätigkeit

Ausnahmen können sich ergeben, wenn im Versicherungsvertrag bestimmte Erkrankungen ausgeschlossen sind. Denkbar sind hier zum Beispiel Lungenerkrankungen aber auch psychische Erkrankungen.

Insbesondere wen Berufsunfähigkeit wegen Depression oder anderen psychischer Erkrankungen eintritt, wird mit größeren Problemen bei der Antragstellung zu rechnen sein. Die teilweise recht schwierige Nachweisbarkeit der die Berufsunfähigkeit auslösenden Symptome stellen oft eine große Herausforderung dar.

Häufige Probleme mit der Berufsunfähigkeitsversicherung und Long Covid

Eines der größten Hindernisse für Betroffene von Long COVID ist die schwierige Nachweisbarkeit und Dokumentation der Symptome, die zur Berufsunfähigkeit wegen Long COVID führen. Da die Krankheit eine Vielzahl von Symptomen umfasst, die oft diffus und schwer objektivierbar sind, haben Versicherer häufig Zweifel an der Dauerhaftigkeit und Schwere der Einschränkungen. Versicherte werden oftmals lange hingehalten oder es erfolgt gleich eine Ablehnung. 

Vielschichtige und Unspezifische Symptome

Breites Spektrum an Symptomen: Long COVID umfasst eine Vielzahl von Symptomen wie chronische Müdigkeit (Fatigue), Atemnot, Konzentrationsstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Depressionen und Angstzustände. Viele dieser Symptome sind subjektiv und schwer objektiv messbar.

Schwankender Verlauf: Die Intensität und das Auftreten der Symptome können von Tag zu Tag variieren, was die Beurteilung der tatsächlichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit erschwert.

Überlappung mit anderen Erkrankungen: Einige Long COVID-Symptome ähneln denen anderer Erkrankungen wie dem chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS) oder psychischen Störungen, was die Diagnosestellung kompliziert macht.

Versicherer nutzen die Vielschichtigkeit der Erkrankung aus und bestreiten oftmals das Vorliegen von Berufsunfähigkeit wegen Long COVID, ohne die Auswirkungen der Erkrankung ernsthaft begutachten zu lassen. 

Fehlende Standardisierte Diagnosekriterien

Neuartigkeit der Erkrankung: Da Long COVID ein relativ neues Phänomen ist, fehlen oft standardisierte und anerkannte Diagnosekriterien, die für die Nachweisführung für eine Berufsunfähigkeit wegen Long COVID erforderlich sind.

Unzureichende medizinische Tests: Es gibt derzeit keine spezifischen Tests oder Biomarker, die Long COVID eindeutig nachweisen können. Viele Diagnosen basieren auf dem Ausschluss anderer Erkrankungen und der Dokumentation der Symptomatik über einen längeren Zeitraum.

Unterschiedliche Anerkennung in der Medizin: Nicht alle medizinischen Fachkräfte sind gleich gut über Long COVID informiert oder erkennen es als ernsthafte und dauerhafte Beeinträchtigung an, was zu inkonsistenten Diagnosen führen kann.

Typische Tricks der Versicherer

Zweifel an der Dauerhaftigkeit: Versicherer können anzweifeln, dass die Symptome dauerhaft oder langfristig bestehen und somit eine Berufsunfähigkeit rechtfertigen. Hier ist eine langfristige ärztliche Dokumentation hilfreich.

Annahme von Vorerkrankungen: Es besteht das Risiko, dass Versicherer Symptome auf bereits bestehende oder nicht angegebene Vorerkrankungen zurückführen und somit Leistungen verweigern. Diese Annahmen sind unerheblich. Das Vorliegen von Vorerkrankungen ist unerheblich, wenn man berufsunfähig wegen Long COVID wird.

Anforderung umfangreicher Nachweise: Versicherungen fordern oft detaillierte und umfassende medizinische Dokumentationen, Gutachten und Verlaufsberichte, was für Betroffene oftmals zermürbend wird. Es werden über lange Zeiträume immer wieder neue Berichte angefordert. Meist ist dies unnötig. Der Versicherer befindet sich hier meist in Verzug mit der Leistungsanerkennung. 

Berufsbild und Tätigkeitsbeschreibung: Die Darstellung einer Berufsunfähigkeit bei Long COVID mit Bezug auf die konkrete berufliche Tätigkeit ist eine große Herausforderung. Versicherer stellen in ihren Formularen oft verfängliche Fragen und lassen Versicherungsnehmer geradezu auflaufen. 

Fehlende Dokumentation

Unzureichende medizinische Unterlagen: Viele Betroffene haben möglicherweise keine vollständigen oder detaillierten medizinischen Unterlagen, die die Entwicklung und Ausprägung der Symptome über die Zeit hinweg dokumentieren. Wer befürchten muss, wegen Long COVID berufsunfähig zu werden, sollte frühzeitig die Erkrankung gut dokumentieren. 

Fehlende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen: Ohne kontinuierliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann es ebenfalls schwierig sein, den notwendigen Nachweis für die Dauer und Schwere der Beeinträchtigungen zu erbringen.

Herausforderungen bei der Funktionseinschätzung: Die objektive Einschätzung, inwieweit die Symptome von Long COVID zur Berufsunfähigkeit führen, ist komplex und erfordert oft spezialisierte funktionelle Assessments. 

Probleme beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Pandemie wird vorübergehen. Wer am Coronavirus erkrankt war und künftig eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will, sollte die Gesundheitsfragen im Antragsformular im Auge behalten. Probleme soll es im Allgemeinen nicht geben. Werden aber Vorerkrankungen verschwiegen, kann dies zu Anfechtung oder Rücktritt führen und der Versicherer zahlt nicht. 

Keine Probleme bei ausgeheilter Infektion

Sofern eine Infektion am Coronavirus einen leichten Verlauf hatte und ausgeheilt ist, sollte es beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung keine Probleme geben. Mehrere Versicherer hatten dies in der Öffentlichkeit bestätigt.

Bei einem schweren Verlauf wird es darauf ankommen. Derzeit sind Anträge bei den Versicherern wohl zurückgestellt oder es muss mit Ablehnungen gerechnet werden. Dies wird sich möglicherweise ändern, wenn die Versicherer die medizinischen Folgen des Coronavirus besser einschätzen können.

Vorvertragliche Anzeigepflicht beachten!

Für die Zukunft sollte beim Abschluss einer Berufsunfähigkeit unbedingt darauf geachtet werden, eine Infektion mit dem Coronavirus beim Antrag auf die Berufsunfähigkeitsversicherung anzugeben.

Es erscheint unwahrscheinlich, dass Anträge generell abgelehnt werden. Wenn sehr schwere Verläufe vorlagen, wird eventuell mit Risikoaufschlägen zu rechnen sein.

Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollte eine überstandenen Corona-Infektion, eine Long-COVID-Erkrankung oder ein Post-COVID-Syndrom immer mit angegeben werden! Eine Ablehnung des Antrags ist wenig wahrscheinlich. Wurde aber die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, kann es zur Beendigung des Vertrags durch Anfechtung oder Rücktritt kommen! Sie erhalten dann keine BU-Rente und der Versicherer kann die gezahlten Beiträge einbehalten.

Existenzversicherung

Vorsicht ist ebenfalls bei sogenannten Existenzversicherungen geboten. Diese Versicherungen unterscheiden sich in den Leistungsvoraussetzungen etwas von den Berufsunfähigkeitsversicherungen. Häufig finden sich in den Antragsformularen abgespeckte Gesundheitsfragen. Es wird allerdings oftmals abgefragt, wie lange jemand wegen ein und derselben Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt war. Ein „Vergessen“ einer langwierigen Infektion mit dem Coronavirus kann hier ebenfalls zu einer Anfechtung des Versicherungsvertrages bzw. zu Rücktritt oder Kündigung führen.

Führt Angst vor Corona zur Berufsunfähigkeit?

Einen interessanten Fall entschied das Landgericht Münster: Ein Versicherungsnehmer mit einer Lungenkrankheit gab seine berufliche Tätigkeit mit ausgeprägtem Kundenkontakt aufgrund der Angst vor einer Covid-19-Erkrankung auf. Im Klageverfahren konnte der Mann seine Ansprüche nicht durchsetzen.

Schaut man sich das Urteil genauer ein, schienen der Kläger oder sein Anwalt erhebliche Fehler begangen zu haben. Angststörungen können eine Krankheit darstellen. Sie sollten aber von einem Arzt diagnostiziert und müssen vor Gericht vorgetragen und bewiesen werden. Die zur Berufsunfähigkeit führende Erkrankung ist demnach nicht die Gefahr einer Covid-19-Erkrankung sondern eine Angststörung. Der Fall zeigt eindringlich, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung in erfahrene anwaltliche Hände gehört.

mehr zum Urteil „Angst vor Corona und Berufsunfähigkeit“

Berufsunfähig durch Coronavirus?

Es scheint nicht sehr wahrscheinlich, aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus berufsunfähig zu werden. Nachdem, was uns derzeit die Ärzte berichten, müssen die meisten Menschen nach Ausheilung einer Infektion nicht mit dauerhaften Einschränkungen rechnen. Inwiefern sich ausgeheilte schwere Verläufe entwickeln, scheint derzeit nur schwer prognostizierbar.

Trotzdem gibt es Fälle, in denen die Folgen einer COVID-Erkrankung mehr als sechs Monate anhalten. Ist ein längerer Verlauf der Erkrankung absehbar, sollte schnellstmöglich ein Antrag auf die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt werden (Nicht erst sechs Monate warten!). Sie sollten bei der Antragstellung keine Zeit verlieren. Stellen Sie den Antrag zu spät, können Sie nach einigen Versicherungsbedingungen Leistungen für die Vergangenheit verlieren.

Rechtsanwalt Stephan Schneider ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Spezialist in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Mit jahrelanger Erfahrung in der Berufsunfähigkeitsversicherung und hoher fachlicher Expertise vertritt Rechtsanwalt Schneider ausschließlich Versicherungsnehmer.  In den letzten Jahren wurden viele Fälle mit Long CVOID in der Berufsunfähigkeitsversicherung betreut. 

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