Im Versicherungsrecht und Medizinrecht ist es manchmal notwendig, dass der Rechtsanwalt für seinen Mandanten Akteneinsicht in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nimmt. Die Ermittlungsakte stellt neben den Angaben des Mandanten eine wichtige Informationsquelle für den Anwalt dar, um Ansprüche des Mandanten geltend zu machen oder eine effektive Verteidigung durchzuführen.
Wer darf Akteneinsicht nehmen?
Der Umfang des Rechts zur Akteneinsicht hängt immer von der Stellung ab, die ein Mandant zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren einnimmt.
Am bekanntesten dürfte die Akteneinsicht eines Beschuldigten im Strafverfahren sein. Wenn ein Rechtsanwalt als Verteidiger in einem Strafverfahren auftritt, steht ihm nach § 147 Abs. 1 StPO ein umfassendes Akteneinsichtsrecht in die Originalakte zu. Dem Beschuldigten selbst steht nur ein sehr eingeschränktes Akteneinsichtsrecht zu. Einschränkungen bestehen insbesondere bei der Gefährdung des Untersuchungszwecks und bei schutzwürdigen Interessen Dritter.
Daneben besitzt der Verletzte ein eigenes Akteneinsichtsrecht, welches durch seinen Rechtsanwalt ausgeübt wird. Wichtige Voraussetzung ist, dass der Rechtsanwalt für den Verletzten ein berechtigtes Interesse darlegen kann. Der Verletzte kann auch ohne Rechtsanwalt die Akten einsehen, was jedoch mit deutlichen Einschränkungen verbunden ist und wovon abzuraten ist.
Für Privatpersonen und sonstige Stellen besteht ein Akteneinsichtsrecht über einen Rechtsanwalt, sofern ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Ein solches berechtigtes Interesse liegt beispielsweise in der Prüfung und Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche, was insbesondere im Medizinrecht und Versicherungsrecht Bedeutung erlangt.
Wie lange dauert die Akteneinsicht?
Über die Dauer, bis der Anwalt Akteneinsicht erhält, lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Die Staatsanwaltschaft hält Akten oftmals zurück, um laufende Ermittlungen nicht zu gefährden. Es ist auch möglich, dass Akten noch an andere Behörden versandt wurden. Auch wird dem Verteidiger eines Beschuldigten vorrangig Akteneinsicht vor einem Verletzten oder einer anderen privaten Person mit berechtigtem Interesse gewährt werden.
Bei einem Verdacht auf einen unnatürlichen Todesfall ist immer eine Obduktion durchzuführen und die Staatsanwaltschaft gibt ein rechtsmedizinisches Gutachten in Auftrag. Bei Todesfällen können somit schnell mehrere Wochen verstreichen, bis der Rechtsanwalt die vollständige Akteneinsicht erhalten kann.
Erfahrungsgemäß liegen Akten in den meisten Fällen innerhalb von vier bis acht Wochen vor. Bei umfangreichen Betrugsfällen oder wenn komplexe Ermittlungen der Polizei notwendig sind, können aber auch mehrere Monate ins Land gehen, bevor die Akte die Kanzlei erreicht.
Akteneinsicht im Versicherungsrecht
Im Umgang mit Versicherungen bestehen mehrere Konstellationen, in denen eine Akteneinsicht notwendig wird.
Wird Ihnen ein Versicherungsbetrug vorgeworfen, sollte schnellstmöglich Akteneinsicht beantragt werden, um sich Klarheit über die Vorwürfe zu verschaffen. Dies ist nicht nur in einem möglichen Strafverfahren notwendig, auch wird der Versicherer eventuell gewährte Leistungen zurückverlangen. Gerade wenn gegen Sie selbst kein Ermittlungsverfahren anhängig ist, sondern gegen eine andere Person und der Versicherer Ansprüche gegen Sie geltend macht, sollte immer Klarheit über die Ermittlungen geschaffen und die Ansprüche geprüft werden.
Bei Verkehrsunfällen sollte ebenfalls immer Akteneinsicht genommen werden. Die hat Polizei nach Abschluss der Ermittlungen den Hergang des Unfalls umfassend ermittelt und Sie benötigen den Sachverhalt, um Ihre Ansprüche gegen gegnerische Haftpflichtversicherer und Kaskoversicherer geltend zu machen oder Ansprüche abzuwehren.
In der privaten Unfallversicherung ist die Akteneinsicht bei Unfällen unter der Beteiligung Dritter ebenfalls unerlässlich. Beim Tod der versicherten Person verweigern private Unfallversicherer oft Leistungen bei Suizid oder vorhergegangenen gefährlichen Verhalten. Hier gilt es genau zu prüfen, ob Ansprüche zurecht verweigert wurden.
In der Hausratversicherung stellen Einbruchsdiebstähle den wohl häufigsten Fall dar, in dem eine Akteneinsicht des Geschädigten notwendig ist.
Sehr selten ist eine Akteneinsicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung von Nöten. Denkbar sind Betrugsvorwürfe oder die Beteiligung Dritter.
Akteneinsicht im Medizinrecht
Im Medizinrecht ist die Akteneinsicht bei Behandlungsfehlern angezeigt, sofern ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung eingeleitet wurde.
Daneben haben Betrugsdelikte im Gesundheitswesen einen hohen Stellenwert bekommen. Bei Abrechnungsbetrug durch Ärzte oder Pflegedienste oder Betrug zu Lasten einer privaten Krankenversicherung kann eine Verteidigung oder zivilrechtliche Vertretung selbstverständlich nur nach einer Akteneinsicht effektiv erfolgen.
Was kostet eine Akteneinsicht?
Die Akteneinsicht ist immer mit einer anwaltlichen Erstberatung verbunden. Eine solche ist im Medizinrecht und Versicherungsrecht regelmäßig mit 190,00 € anzusetzen. Hinzu kommt die Aktenversendungspauschale von 12,00 € sowie die Auslagenpauschale von 20,00 €. Einschließlich Mehrwertsteuer ergibt sich somit im Regelfall ein Gesamtbetrag von 264,18 €.