Berufsunfähigkeit bei Rückenschmerzen, einem Bandscheibenvorfall oder Erkrankungen der Wirbelsäule und des Bewegungsapparates gehören zu den häufigsten Gründen für Berufsunfähigkeit. Rund um den Komplex Berufsunfähigkeitsversicherung bei Rückenschmerzen treten einige Probleme juristische Probleme auf, die nachfolgend erläutert werden.

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Ursache für Berufsunfähigkeit: Rückenschmerzen

Rückenleiden stellen eine weitverbreitete Zivilisationskrankheit dar. Die Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates sind die zweithäufigste Ursache für Berufsunfähigkeit in Deutschland. An erster Stelle stehen heute Berufsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen (Depressionen, Burnout, Posttraumatische Belastungsstörungen usw.) Drei von vier Menschen klagen über gelegentliche Rückenschmerzen und fast ein Viertel aller krankheitsbedingter Ausfalltage sind auf Beschwerden des Bewegungsapparates zurückzuführen.

Die Ursachen für Rückenschmerzen können vielfältig sein. Tatsächlich gelten nach neueren Forschungsergebnissen etwa 85% als unspezifisch, d.h. Ärzte können keine Ursache ausmachen. Als Risikofaktoren für Rückenschmerzen gelten unter anderem:

  • Langes Sitzen (v.a. überwiegend sitzende berufliche Tätigkeit)
  • Langes Stehen
  • Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Stress und andere psychische Belastungen
  • Fehlbelastungen (z.B. beim Sport) oder einseitige Belastungen
  • Schon- und Zwangshaltungen
  • Schwere körperliche Arbeit

Wann ist man wegen Rückenschmerzen berufsunfähig?

Die Voraussetzungen für Berufsunfähigkeit sind gegeben, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund Krankheit oder Kräfteverfall nicht mehr in der Lage ist, seinen zuvor ausgeübten Beruf zu mehr als 50% dauerhaft nicht mehr auszuüben. Dies ist von einem Arzt festzustellen.

Konkret müssen also Ihre Rückenschmerzen dazu führen, Dass Sie Ihren Beruf zu mehr als 50% nicht mehr ausführen können und Ihr Arzt dies bestätigt hat. Dann sind die Voraussetzungen erfüllt, dass Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung bei Rückenschmerzen zahlt. Was zunächst einfach klingen mag, birgt in er Praxis einige Probleme.

Berufsunfähigkeit Rückenschmerzen: körperliche Grunderkrankung

Oft lässt sich eine Berufsunfähigkeit wegen Rückenschmerzen auf eine körperliche Grunderkrankung zurückführen. Krankheiten wie Rheuma, Gicht, Osteoporose, Arthrose, Morbus Bechterew oder ein Bandscheibenvorfall lassen sich vom Facharzt recht sicher diagnostizieren und der Zusammenhang mit einem chronischen Schmerzsyndrom ist gut darstellbar.

Beispiel: Das Landgericht München (LG München I, Urteil vom 20.04.2017, Az. 23 O 12413/15) gab einem selbstständigen Steuerberater und Geschäftsführer recht, der aufgrund eines Discusprolapses (umgangssprachlich Bandscheibenvorfall) berufsunfähig geworden war. Der Mann litt im Bereich der Lendenwirbelsäule über einen längeren Zeitraum unter erheblichen, die mehrfach auch stationär behandelt wurden. Aufgrund der eingeschränkten Sitz- und Stehfähigkeit, der Einschränkung ein Fahrzeug zu führen und der damit einhergehenden massiven Einschränkung in der Mobilität sowie der Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und des Schlafes durch die Schmerzen und die erforderliche Medikamenteneinnahme lag Berufsunfähigkeit vor.

Berufsunfähigkeit Rückenschmerzen: Schmerzen ohne körperliche Grunderkrankung

Weitaus problematischer stellen sich Fälle dar, in denen sich chronische Rückenschmerzen nicht mit einer körperlichen Grunderkrankung in Verbindung bringen lassen. Hier ergeben sich in einem Gerichtsverfahren für den Versicherten oft schwierige Beweisprobleme.

Zum Beispiel wies das OLG Karlsruhe die Klage eines Versicherungsnehmers ab, da dieser chronischen Schmerzen nicht beweisen konnte. Dabei stand zweifelsfrei fest, dass der Kläger unter Schmerzen litt. Um die Berufsunfähigkeit nachzuweisen, wäre aber erforderlich gewesen, „dass seine Beeinträchtigungen über normale, mit der von ihm verrichteten schweren körperlichen Arbeit typischerweise verbundene Belastungsschmerzen hinausgingen. Vielmehr hätte der Kläger darüber hinaus beweisen müssen, dass die Schmerzen nach ihrem Ausmaß einer Berufsausübung entgegenstanden und entweder prognostisch eine dauerhafte Berufsunfähigkeit erwarten ließen (§ 2 Abs. 1 ABB) oder dieser Zustand zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ununterbrochen andauerte (§ 2 Abs. 3 ABB)“ (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.9.2016, Az. 12 U 79/16)

Der Versicherungsnehmer hätte also sein subjektives Schmerzempfinden derart darlegen müssen, dass sich eine objektive Aussage über die Berufsunfähigkeit aufgrund der Rückenschmerzen treffen lässt. Der Fall zeigt auch, wie wichtig es ist, einen spezialisierten Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeitsversicherung  zu beauftragen. Das zitierte Urteil lässt nämlich darauf schließen, dass der Kläger schlecht beraten war.

Berufsunfähigkeit: Wie Schmerzen beweisen?

Wie können Rückenschmerzen in der Berufsunfähigkeitsversicherung also bewiesen werden? Die Rechtsprechung gibt hierzu die Richtung vor:  „Den Nachweis, dass subjektiv empfundene Schmerzen objektiv die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen, kann der Versicherungsnehmer im Wesentlichen auf zwei Wegen führen, nämlich entweder durch den Nachweis körperlicher (vorliegend insbesondere orthopädischer oder neurologischer) Ursachen oder durch den Nachweis psychischer bzw. psychosomatischer Bedingtheit, die ihrerseits Krankheitswert aufweisen kann, wie insbesondere eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung.“ (OLG Hamm, Urteil vom 21.06.1996 – 20 U 351/94)

Die bereits beschriebene körperliche Ursache für Rückenschmerzen lässt sich im ersten Schritt sehr gut über Arztberichte, Röntgenbilder, MRT’s, Laborbefunde usw. darlegen. Ein medizinisches Sachverständigengutachten im Prozess bildet schließlich die Beweisführung des klagenden Versicherungsnehmers.

Viel schwieriger wird es, wenn es sich um unspezifische Rückenschmerzen oder psychische bzw. psychosomatische Schmerzen handelt. Ein Kläger gegen die Berufsunfähigkeitsversicherung bei Rückenschmerzen wird zunächst durch Indizien hinreichend darlegen müssen, dass ihn die Schmerzen an der Ausübung seines Berufs hindern.

Rückenschmerzen, die zu einer Berufsunfähigkeit führen, werden regelmäßig ärztlich dokumentiert sein. Regelmäßige Konsultationen beim Hausarzt oder Facharzt sind unabdingbar.

Tipp: Die Schmerzmedizin hat sich zu einem eigenen Arbeitsbereich in der Medizin entwickelt. Fachärzte verschiedener Bereiche haben nach ihrer Facharztausbildung mit einer Zusatzqualifikation in der Schmerzmedizin spezialisiert. Schmerzpatienten ist in jedem Fall empfohlen, sich an einen entsprechenden Spezialisten für Schmerzmedizin zu wenden.

Schmerztagebuch

Ein enorm wichtiger Baustein in der Beweisführung eine Klage gegen die Berufsunfähigkeitsversicherung bei Rückenschmerzen ist die Anfertigung eines Schmerztagebuchs. In einem Tagebuch werden dabei täglich Informationen zum Auftreten (Häufigkeit) sowie zur Stärke (Schmerzintensität) aufgezeichnet. Im Hinblick auf den Nachweis der Berufsunfähigkeit sollte im Schmerztagebuch immer auch eingetragen werden, welche beruflichen Tätigkeiten aufgrund der Häufigkeit und Intensität nicht mehr ausführbar sind.

Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. gibt auf ihrer Webseite wertvolle Tipps über die Anfertigung eines Schmerztagebuchs.

Tipp: Selbstverständlich erleichtert Ihnen ein Schmerztagebuch nicht nur die Beantragung der BU-Rente. Es stellt auch für Ihren Arzt eine wertvolle Grundlage dar, Ihre Therapie zu planen.

Schmerztagebuch per App

Mittlerweile gibt es auch sehr gute Apps auf dem Markt, welche die Anfertigung eines Schmerztagebuchs deutlich erleichtern. Das Technikmagazin CHIP hat online einen Testbericht über kostenlose Schmerztagebuch-Apps veröffentlicht.

Für das IPhone lässt sich eine App für ein Schmerztagebuch – Pain Tracer kostenlos über den App Store herunterladen.

Vorsicht bei der Antragstellung!

Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen und bereits einmal wegen einer Rückenerkrankung bzw. Rückenschmerzen in ärztlicher Behandlung waren, müssen Sie diese Erkrankungen und Arztbesuche unbedingt auf den Antragsformular angeben. Neben psychischen Erkrankungen sind Rückenschmerzen der häufigste Grund, warum Versicherer Anfechtung oder Rücktritt erklären. Kein Versicherer wird Ihren Antrag ablehnen, wenn Sie wegen einer Sportverletzung oder einer Verrenkung von Ihrem Hausarzt eine Physiotherapie verschrieben bekommen haben.

Geben Sie diese unproblematische Behandlung aber nicht an, wird der Versicherer die Gelegenheit nutzen, um den Vertrag durch Anfechtung oder Rücktritt aufgrund einer vorvertraglichen Verletzung der Anzeigepflicht zu beenden. Sie erhalten dann keine Rente, der Vertrag ist beendet und Beiträge können Sie ebenfalls nicht zurückverlangen.

Berufsunfähigkeitsversicherung Rückenschmerzen: Wann zum Fachanwalt für Versicherungsrecht?

Die vorhergehenden Darstellungen haben gezeigt, dass der Nachweis der Berufsunfähigkeit Rückenschmerzen sehr anspruchsvoll sein kann. Sofern Sie die Krankheitsgeschichte gut dokumentiert haben, können Sie auch allein einen Antrag auf die BU-Rente stellen.

Nicht selten wird von Berufsunfähigkeitsversicherern die Leistung bei Rückenschmerzen pauschal verweigert mit dem Hinweis, man hätte die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit nicht nachgewiesen. Oder Versicherer zögern eine Leistungsentscheidung über Monate hinaus. Wenn dies passiert, sollten Sie unverzüglich einen Anwalt für Versicherungsrecht und Berufsunfähigkeitsversicherung hinzuzuziehen. Die Ablehnungen sind oft pauschal und rechtswidrig. Sie sollten sich daher frühzeitig einen starken Partner an Ihrer Seite such.

Sollten vom Versicherer Anfechtung oder Rücktritt erklärt worden sein, benötigen Sie auf jeden Fall die Hilfe eines kompetenten Fachanwalts für Versicherungsrecht. Sie werden die Situation allein nicht mehr lösen können. Eine umfassende Sachverhaltsprüfung und kompetente juristische Argumentation ist dann Ihre letzte Chance.