Urteil: 40.000 Euro Schadensersatz bei MRSA-Infektion

 

Das OLG Hamm sprach einem Patienten 40.000 Euro Schadensersatz in Form von Schmerzensgeld zu, der sich in einer Klinik mit MRSA-Keimen infiziert hatte. Die Ursache war eine Verletzung von „elementaren Regeln der Hygiene“ (OLG Hamm, Urteil vom 8.11.2013, Az. 26 U 62/12).

 

Zum Sachverhalt

Der Kläger befand sich wegen eines Tinnitus in stationärer Behandlung in dem beklagten Krankenhaus. Dort erhielt er über eine Venenverweilkanüle eine Infusion am linken Arm. Nach sechs Tagen zeigten sich eine zunehmende Schwellung und Rötung am Arm des Klägers. Eine spätere Blutkultur ergab eine Infektion mit MRSA-Keimen (multiresistente Staphylokokken). Die Folge der Sepsis war eine Spondylodiszitis und ein Abzess im Bereich der Lendenwirbelsäule, die neurochirurgisch versorgt werden mussten.

Die Beweisaufnahme ergab, dass ein Krankenpflegeschüler beim Entfernen der Kanüle Hygienevorschriften verletzt hatte. Er hatte zuvor einem Mitpatienten eine eitrige Wunde versorgt und es vor dem Abstöpseln der Kanüle, die Hände zu waschen.

 

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG sprach dem Patienten ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zu.

Das Gericht sah einen Behandlungsfehler als erwiesen an. Dadurch erlitt der Mann eine  MRSA-Infektion (Infekt mit multiresistenten Staphylokokken). Dabei betonte es jedoch, dass die die Infektion mit multiresistenten Erregern nicht per se eine Haftung der Klinik begründen. Sie bildet auch noch kein Indiz für eine mangelhafte Behandlung.

In dem Urteil heißt es:

„Eine Haftung für eine Infizierung durch Keime kommt vielmehr nur in Betracht, wenn der zu fordernde Qualitätsstandard unterschritten wird und dies auch ursächlich für eine Schädigung der Patienten war. Es muss mithin feststehen, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich hervorgegangen ist.“

 

Das OLG war aber überzeugt, dass beim Entfernen der Kanüle die Hygienestandards außer Acht gelassen wurden. Dadurch kam es zur Infektionen mit den Keimen. Das Gericht sah hierin einen groben Behandlungsfehler, der hinsichtlich der Kausalität zu einer Umkehr der Beweislast führt.  Es lag ein extremes Versäumnis in Bezug auf die Hygiene vor. Dies stellt einen Verstoß gegen elementare Behandlungsregeln dar, weil das Verhalten der Pflegekraft aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint.

Grober Behandlungsfehler: In einem Zivilprozess muss jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen. Der klagende Patient muss als grundsätzlich den Behandlungsfehler beweisen. Der Arzt hat aufgrund seiner fachlichen Qualifikation gegenüber dem Patienten einen Wissensvorsprung. Um zwischen beiden Parteien Chancengleichheit herzustellen, bestehen im Arzthaftungsrecht Beweiserleichterungen. Stellt das Gericht einen groben Behandlungsfehler fest, kippt die Beweislast zu Gunsten des Patienten.

So im vorliegenden Fall: Der Verstoß gegen Hygienestandards wog aus Sicht des Gerichts so schwer, dass es einen groben Behandlungsfehler annahm. Dem klagenden Patienten kam somit die Beweislastumkehr und damit Beweiserleichterungen zugute. Die Annahme einer „großen Wahrscheinlichkeit“ durch den Sachverständigen war für die Kausalität ausreichend.

 

Rechtsfolge: Schadensersatz von 40.000 Euro

Das Gericht sprach dem Kläger aufgrund des Behandlungsfehlers ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro zu. Interessanterweise hatte der klagende Patient lediglich 20.000 Euro für angemessen erachtet. Die Richter berücksichtigten aber, dass die Infektion zu schwerwiegenden Komplikationen und langen ärztlichen Behandlungen geführt hatte. Schließlich wurde berücksichtigt, dass der Kläger infolge der MRSA-Infektion arbeitsunfähig geworden war.

 

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Anmerkung zu besprochenen Urteilen: schneider-law.de gibt keine wörtlichen Urteile wider. Die gerichtlichen Entscheidungen werden vom Autor so aufgearbeitet, dass sie auch für den Laien verständlich sind. Dies führt zwangsläufig zu Verkürzungen und zu Vereinfachungen.

40.000 Euro Schmerzensgeld bei MRSA-Infektion aufgrund Behandlungsfehler